Codierung und Serialisierung von Faltschachteln in der Pharmazeutischen Industrie

 

1.1.1 Serialisierung von Faltschachteln in der Pharmazeutischen Industrie

Dipl.-Ing. Roland Kleissendorf

Arzneimittel sollen sicher sein - das beinhaltet auch und vor allem, den Patienten vor gefälschten Arzneimitteln in der legalen Handelskette zu schützen. Einen besonderen Stellenwert hat dabei die Serialisierung.

In den USA kam die Forderung auf, jede Verkaufspackung mittels eines RFID-Haftetiketts zu serialisieren. Dies ist jedoch mit einem enormen Kostenaufwand für RFID-Haftetiketten verbunden. Die EFPIA (Europäischer Verband der forschenden Arzneimittelhersteller) hat diesem Vorschlag ein Konzept zur Codierung und Serialisierung mittels eines 2D-Matrixcodes auf den üblicherweise genutzten Faltschachteln entgegen gesetzt. Dieser Ansatz soll nachfolgend vorgestellt werden.

 

1.1.1.1 Was versteht man unter Serialisierung?

Unter Serialisierung versteht man das Aufbringen einer Seriennummer, z.B. mittels eines maschinenlesbaren Codes, auf jede einzelne Verkaufseinheit. Da jede einzelne Packung eine individuelle Nummer erhält, kann diese auf ihrem Weg vom pharmazeutischen Hersteller bis zum Kunden genau nachverfolgt werden. Werden auf jeder Handelsstufe Wareneingang und Warenausgang in das System gemeldet, spricht man in diesem Zusammenhang auch von "Track and Trace".

Bei der Abgabe an den Patienten in der Apotheke wird jede Packung überprüft, um die Eindeutigkeit der Seriennummer sicherzustellen. Die Serialisierung trägt aber nicht nur zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit bei. Die lückenlose Rückverfolgbarkeit der gesamten Lieferkette liefert auch wertvolle Informationen, die zur Optimierung der Lieferkette genutzt werden können.

Dieser Ansatz basiert auf Empfehlungen, die die International Medicinal Products Anti Counterfeiting Taskforce (IMPACT) der WHO im Jahr 2010 zur Bekämpfung der weltweiten Arzneimittelfälschung verabschiedet hatte.

 

1.1.1.2 Was erwartet der Gesetzgeber?

In Europa sollen Arzneimittel bis zum Jahr 2019 durchgängig serialisiert werden. Die hierzu erforderliche Gesetzesgrundlage in Form der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 vom 2.10.2015 wurde nach jahrelangen Verzögerungen am 9.2.2016 publiziert und verabschiedet. Hierdurch steht der Implementierungstermin für die verschreibungspflichtigen Arzneimittel in der EU mit dem 9.2.2019 fest. Vor diesem Termin gefertigte Packungen ohne Serialisierung dürfen abverkauft werden. Die Europäische Kommission gibt von Zeit zu Zeit in einem Q&A-Papier (letzte Version Nr. 9 vom Feb. 2018) eine Antwort auf häufig gestellte Fragen; diese Festlegungen sind nicht rechtlich verbindlich, zeigen aber die Sicht auf technische Aspekte bei der Umsetzung der Verordnung. Im Bereich der Packmittel sind Fragen bezüglich Bündel- und oder Sammelpackungen, Platzierung des 2D – Matrixcodes auf der Packung sowie die Verwendung von Haftetiketten zur UI-Kennzeichnung beschrieben.

Die Regelung gilt für alle Mitgliedsstaaten der EU sowie des EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein) und die Schweiz (ggf. abweichender Zeitplan). Großbritannien will unabhängig vom Brexit am EU-System termingerecht teilnehmen. Italien und Griechenland werden aufgrund der bestehenden Systeme (siehe Kapitel 1.1.1.4) eine längere Umstellungszeit, maximal bis zum 9.2.2025, festlegen.

Die Delegierte Verordnung sieht folgende Ausnahmeregelungen vor:

  • Black List: verschreibungsfreie Produkte, die aufgrund eines vorhandenen Fälschungsrisikos einer Serialisierung unterworfen werden sollten (derzeit nur Omeprazol 20mg/40mg Hartgelatinekapseln),
  • White List: verschreibungspflichtige Arzneimittel, die aufgrund eines geringen Fälschungsrisikos von der Serialisierungspflicht ausgenommen werden können.

Da die Festlegung der betroffenen Produkte national geregelt werden darf, müssen die Entscheidungen hierzu abgewartet werden. Ebenso müssen noch die nationalen Festlegungen zur Wahl des Produktidentifikationscodes getroffen werden (GTIN, NTIN oder z.B. PPN (Pharma Produktnummer)).

Die Richtlinie fordert weiterhin eine Vorrichtung (device), die es ermöglicht zu überprüfen, ob die äußere Umhüllung (meist eine Faltschachtel aus Karton) manipuliert worden ist. Als Orientierung kann hier die EN 16679:2014 dienen.

Die Umsetzung der Delegierten Verordnung bedeutet für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung. Welche Konzepte gibt es bereits, um diese Anforderungen umzusetzen? Wie weit ist die Umsetzung in der Praxis bis jetzt erfolgt und welche Erfahrungen wurden dabei gemacht?

Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.

 

1.1.1.3 Die EFPIA-Initiative

Die EFPIA (Europäischer Verband der forschenden Arzneimittelhersteller) hat ein Konzept zur Codierung und Serialisierung mittels eines 2D-MatrixCodes auf den üblicherweise genutzten Faltschachteln entwickelt, dem die EU-Gesetzgebung mit weiteren Ergänzungen gefolgt ist. Dieser Ansatz soll nachfolgend vorgestellt werden.

Die EFPIA nutzt für ihr Serialisierungskonzept einen 2D-MatrixCode. Im Gegensatz zu den bereits für Arzneimittel gebräuchlichen Balkencodes (z.B. PZN in Deutschland) ist der 2D-MatrixCode schachbrettartig in weiße und schwarze Quadrate aufgeteilt und wird durch zwei durchgehende Außenlinien über Eck begrenzt (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: 2D-Matrixcode

Wesentlicher Vorteil dieser Codevariante ist der geringe Platzbedarf bei größerem Informationsgehalt. Der gezeigte 2D-MatrixCode beinhaltet:

  • eine weltweit eindeutige Produktkennziffer, meist die GTIN (Global Trade Identification Number),
  • die Chargennummer,
  • das Verfalldatum und
  • die maximal 20-stellige randomisierte Seriennummer.

In ausgeschriebener Form enthält der in Abbildung 1 gezeigte Code folgende Information:

  • (01)12345678901234(10)BXB4711(17)032017(21)12345678901234

Dabei gilt folgende Verschlüsselung:

  • (01) Artikelnummer GTIN
  • (10) Chargennummer
  • (17) Verfalldatum
  • (21) Seriennummer

Aus Sicht des Autors ist der Informationsgehalt des 2D-MatrixCodes kritisch zu hinterfragen. Diskussionswürdig ist zum einen die Nutzung der sogenannten GTIN, da diese nicht in allen europäischen Staaten für Arzneimittel genutzt wird. Außerdem wirft die Aufnahme von Chargennummer und Verfalldatum in der praktischen Umsetzung Probleme auf. Die Verwendung von auftragsgebundenen Daten wie Chargennummer und Verfalldatum zwingt die pharmazeutischen Hersteller in den meisten Fällen, den 2D-MatrixCode während oder im Anschluss an den Verpackungsvorgang zu drucken. Hierzu ist ein zusätzliches Gerät erforderlich, dessen Integration in die Abpacklinie oftmals ein Platzproblem darstellt, weitere Einstellarbeiten verursacht und eine direkte Einbindung in die IT-Systeme benötigt. Aus dieser Erweiterungsinstallation entstehen Investitionskosten, laufende Kosten sowie eine Reduzierung der Maschinenleistung. Da Chargennummer und Verfalldatum in lesbarer Schrift immer auch auf der äußeren Umhüllung zu drucken sind und eine Verbindung mit der Artikelnummer und der Seriennummer innerhalb der Datenbank gewährleistet werden kann, sollte die Vorgabe, auftragsbezogene Daten in den 2D-MatrixCode einzubeziehen, trotz der mittlerweile erfolgten Gesetzgebung überdacht werden. Für eine Herausnahme der auftragsbezogenen Daten aus dem 2D-MatrixCode spricht auch die Tatsache, dass der 2D-MatrixCode beim Faltschachtel- und/oder Haftetikettenhersteller qualitativ weitaus besser und wesentlich kostengünstiger gedruckt werden kann.

 

Feldversuch der securPharm in Deutschland

In Deutschland haben sich im Jahr 2009 einige wenige Firmen an einem von der
EFPIA initiierten Versuchslauf in Schweden beteiligt. Der Versuch zeigte die grundlegende Machbarkeit des Konzeptes, war aber aufgrund des Gesamtumfanges nicht als harter Anwendungstest geeignet. Deshalb wurde dies auf wesentlich breiterer Basis in Deutschland wiederholt. Zu diesem Zweck haben die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA), die Verbände der Pharmazeutischen Industrie (BAH, BPI, VfA), der Großhandelsverband (Phagro), die Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten (IFA) und die Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker partnerschaftlich die Initiative securPharm als Verein gegründet, dessen Aufgabe es war, einen wesentlich größer angelegten Versuch in Deutschland vorzubereiten und durchzuführen. Dieser Versuch sollte dann in das von der Europäischen Gesetzgebung geforderte System überleiten. Gemäß einer Pressemitteilung von securPharm wurden vom 2. Januar bis 23. Mai 2013 in einem bundesweiten Pilotversuch 3,5 Mio. Packungen mit 2D-MatrixCode versehen und ausgeliefert. Es handelte sich dabei um 92 unterschiedliche Produkte von 24 mitwirkenden Pharmaunternehmen. In den über 280 beteiligten Apotheken wurden über 30.000 Packungen verifiziert. Die Systemverfügbarkeit in diesem Zeitraum lag bei 99,5 %.

securPharm und die beteiligten Verbände sahen diesen Versuchslauf als gelungenen Praxistest an und beschlossen die Überführung des Systems in den Regelbetrieb. Die im securPharm-Projekt gewonnenen Erfahrungen und die technischen Lösungen hatten wesentlichen Einfluss auf die Festlegung der ab 2019 verbindlichen Standards der EU in der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161.

Mit Stand Dezember 2017 nahmen mehr als 200 von 400 pharmazeutischen Unternehmen in Deutschland am securPharm-Projekt teil. Dabei handelt es sich sowohl um große, global agierende Unternehmen mit Erfahrung in der Serialisierung bzw. Codierung von Arzneimitteln auf anderen Märkten (wie in der Türkei, Korea oder China) als auch um Firmen aus dem deutschen pharmazeutischen Mittelstand, die sich teilweise erstmalig mit solchen Fragestellungen konfrontiert sehen.

securPharm ist europaweit das erste nationale System, welches die ab 2019 verbindlichen Anforderungen erfüllt. Die securPharm Website bietet vielfältiges Informationsmaterial zur Einarbeitung in den gesamten Themenkomplex.

 

 

1.1.1.4 Bereits umgesetzte Serialisierungskonzepte

Die individuelle Kennzeichnung jeder einzelnen Arzneimittelpackung lässt sich prinzipiell auf unterschiedlichen Wegen realisieren:

  • Verwendung von Haftetiketten
  • Verwendung eines 2D-MatrixCodes
  • Verwendung eines Balkencodes

Alle diese Möglichkeiten wurden bei den bereits umgesetzten Serialisierungskonzepten herangezogen, wobei viele Länder eigene Lösungen entwickelten und etablierten. Dies erschwert eine einheitliche Anwendung des Serialisierungskonzeptes über Ländergrenzen hinaus. Es stellt den pharmazeutischen Unternehmer darüber hinaus vor die schwierige Situation, je nach Exportland unterschiedliche Serialisierungskonzepte und die dazu erforderlichen technischen Voraussetzungen vorzuhalten.

Im Folgenden sollen einige der wichtigsten bereits umgesetzten Serialisierungkonzepte vorgestellt werden.

 

A) Verwendung von Haftetiketten

In Belgien werden seit einigen Jahren alle Arzneimittelpackungen mit einem einfachen Haftetikett mit fortlaufender Nummer und Balkencodierung versehen, welches bei Abgabe durch den Apotheker überprüft wird. Dem Apotheker werden dabei noch zusätzlich nützliche Informationen zum abgegebenen Produkt auf seinem Bildschirm angezeigt. Die Beteiligung der Apotheker ist freiwillig und die Akzeptanz im Markt ist sehr groß. Das System wurde von der Fa. Aegate in Zusammenarbeit mit den belgischen Apothekern betrieben.
Mit diesem Modell werden die Anforderungen der Delegierten Verordnung nicht vollumfänglich erfüllt. Es gilt eine Übergangsfrist von 5 Jahren.

Im Q&A-Papier vom Februar 2018 teilt die EU-Kommission mit, dass Belgien auf eine Übergangsfrist verzichtet und die Serialisierungsregeln ab Februar 2019 beachten wird.

Abb. 2: Barcode mit Artikel- und Seriennummer in Belgien

Nach Auskunft von Fa. Aegate wird das System auch in Italien und Griechenland in Verbindung mit den dort bereits für Abrechnungszwecke verwendeten serialisierten Haftetiketten genutzt. Auch hier ist nach Auskunft von Fa. Aegate die Akzeptanz im Markt sehr gut.

 

B) Verwendung eines 2D MatrixCodes

B.1) Türkei

Die Türkei liegt zwar nicht im Geltungsbereich der Delegierten Verordnung, hat aber als erstes Land die wesentlichen Vorgaben des EFPIA-Konzepts aufgegriffen und daraus eine gesetzlich verbindliche Vorschrift für die gesamte Lieferkette gemacht. Grund hierfür war ein im großen Stil betriebener Abrechnungsbetrug. Dabei wurde der zur Abrechnung der Arzneimittel genutzte Coupon (meist auf einer Faltschachtellasche gedruckt) genutzt und danach das Arzneimittel mit einer neuen, gefälschten Faltschachtel zurück in die Handelskette gegeben. Um etwaige Widerstände oder fehlende technische Voraussetzungen seitens der Apotheken zu umgehen, wurde das EFPIA-Konzept dahingehend abgeändert, dass die Codeinhalte in Klarschrift neben den 2D-MatrixCode gedruckt werden müssen. Dadurch ergibt sich ein erheblich größerer Platzbedarf für den 2D-MatrixCode.

Abb. 3: 2D-Matrixcode in der Türkei

Aus Platzgründen ist es in sehr vielen Fällen nicht möglich, sowohl die gesetzlich geforderten variablen Daten mit jeweiligem Präfix als auch den 2D-MatrixCode auf die Faltschachtellasche zu drucken. In vielen Fällen werden deshalb beide Verschlusslaschen der Faltschachtel genutzt, oder der 2D-MatrixCode wird nachträglich außerhalb der Verpackungsanlage aufgebracht.

Des Weiteren fordert die türkische Gesetzgebung die Kennzeichnung aller innerhalb der Lieferkette verwendeten logistischen Einheiten, um damit eine komplette Kontrolle der gesamten Lieferkette zu gewährleisten. Aus diesem Grund werden Bündel, Wellpappfaltkiste und Palette ebenfalls mit Codes gekennzeichnet und in Dateien mit den Seriennummern der enthaltenen Packungen verknüpft. Entlang der gesamten Handelskette wird nun durch Einlesen der Codes der Weg jeder Arzneimittelpackung verfolgt. Diese Vorgehensweise wird Aggregation genannt.

Die Anlaufprobleme (Systemstart von 2010 bis 2012) in der Türkei zeigten, dass dies für alle Beteiligten ein sehr aufwendiges und schwierig umzusetzendes Konzept ist. Fraglich erscheint, ob der große Aufwand das eigentliche Betrugsproblem löst, da zwar die Packung entlang der Lieferkette verfolgt wird, der Verbleib und die Verwendung der Arzneimittel aber nicht kontrolliert werden können.

 

B.2) Frankreich

In Frankreich sind die Vorbereitungen zur Umsetzung des EFPIA-Konzeptes bereits weit fortgeschritten. Der 2D-MatrixCode wird aktuell noch ohne Seriennummer verwendet, so dass nur die CIP-Nummer (die CIP-Nr in Frankreich entspricht der PZN in Deutschland), die Chargennummer und das Verfalldatum im Code maschinenlesbar sind. Da der 2D-Matrixcode keine fortlaufende Identifizierungsnummer enthält, kann nicht von einer Serialisierung, sondern nur von einer Codierung gesprochen werden. Damit ist die wesentliche Anforderung der Delegierten Verordnung (noch) nicht umgesetzt.

Derzeit wird in Frankreich zusätzlich ein Haftetikett verwendet, das die Artikelnummer enthält und zur Abgabekontrolle dient. Dazu wird das Haftetikett vom Apotheker abgelöst und auf das Rezept geklebt. Diese zusätzliche Überprüfung ist bei einer IT-gestützten Serialisierung nicht mehr notwendig. Es bleibt daher abzuwarten, ob das zusätzlich verwendete Haftetikett zukünftig entfallen wird.

Abb. 4: 2D-Matrixcode in Frankreich

 

B.3) Korea (Republik Korea/Hanguk)

In der Republik Korea wurde -wie in Frankreich- mit der Umsetzung des 2D-MatrixCodes ohne Seriennummer begonnen. Mittlerweile wurde das System um die Seriennummer erweitert. Die Codeausführung entspricht der bereits in der Türkei praktizierten Form, d.h. der codierte Inhalt wird in Klarschrift neben den 2D-MatrixCode gedruckt, wobei die Reihenfolge der Codeinhalte bezüglich der Seriennummer (Position 2 und/oder 4) wählbar ist.

Abbildung 5 zeigt eine in Korea zulässige Codevariante.

Abb. 5: 2D-Matrixcode in Korea

Da die Chargen-Nummer und das Verfalldatum in den beiden äußeren Zeilen der Klarschrift stehen, können die erforderlichen Präfixe jeweils über und unter der Klarschrift gedruckt werden. Damit ist - im Gegensatz zu den Vorgaben in der Türkei - ein weiteres Kennzeichnungsfeld auf der Faltschachtel nicht mehr notwendig. Voraussetzung hierfür ist natürlich ein ausreichender Platz im Bereich des Druckes.

Die technischen Vorgaben für den 2D-MatrixCode entsprechen den Vorgaben der EFPIA bzw. den Angaben für die Türkei. Neben dem 2D-MatrixCode erlaubt Südkorea auch die Verwendung von linearen Barcodes und RFIDs, jedoch wird davon kaum Gebrauch gemacht.

 

B.4) Saudi Arabien

Ähnlich wie Korea begann Saudi Arabien die nationale Serialisierung mit einem 2D-MatrixCode ohne Seriennummer. Seit dem 21.3.2015 müssen alle Arzneimittel (verschreibungspflichtig, nicht verschreibungspflichtig und Tierarzneimittel, ausgenommen sind nur Tender) mit einem 2D-MatrixCode ECC200 (GS1-Standard) versehen sein. Als Stichtag für lokal hergestellte Produkte galt hierfür das Herstellungsdatum und für Importprodukte das Importdatum.

Der Code muss direkt auf die Faltschachtel gedruckt werden. Da das obligatorisch in Saudi Arabien erforderliche Herstellungsdatum nicht zum Codeinhalt gehört, entspricht der Code weitestgehend den 2D-MatrixCodes vor Einführung der Seriennummer in Korea. Zu beachten ist, dass in der Klarschriftangabe sowohl der Präfix „GTIN“ als auch das Herstelldatum mit Präfix MFD enthalten sind. Abbildung 6 zeigt dies anhand eines Beispiels.

Abb. 6: 2D-MatrixCode für Saudi Arabien

Seit 12.3.2017 müssen die 2D-MatrixCodes in Saudi Arabien nun auch mit einer durch den Hersteller frei wählbaren Seriennummer versehen sein. Weitere Einzelheiten zur Datennutzung werden zu einem späteren Zeitpunkt von der Gesundheitsbehörde (SFDA) bekanntgegeben. Eine Aggregation der Seriennummern entlang der Handelskette ist in Saudi Arabien aktuell nicht vorgesehen.

 

C) Verwendung eines Balkencodes

C.1) Volksrepublik China

In der Volksrepublik China wurde bereits 2007 mit der Einführung eines Kontrollsystems für die traditionell in China hergestellten Arzneimittel begonnen. In den folgenden Jahren waren erste Produkte ausländischer Hersteller betroffen, auch Produkte, die außerhalb Chinas verpackt wurden. Ab Anfang 2016 mussten alle in China vertriebenen Arzneimittel in der nachfolgend beschriebenen Form gekennzeichnet sein. Im Februar 2016 wurde das System im Kontext eines vom Volkskongress beschlossenen 5-Jahres-Plans überraschend ausgesetzt. Es soll voraussichtlich im Jahr 2020 durch ein neues, einheitliches Kodierungssystem für viele Produktgruppen (z.B. auch verpackte Lebensmittel) ersetzt werden, wobei sehr wahrscheinlich auch ein 2D-MatrixCode zur Verwendung kommen wird.

Da das in China entwickelte Konzept sehr fortschrittlich war und für andere Länder eine Vorreiterrolle spielen könnte, sollen die wesentlichen Merkmale nachfolgend kurz erläutert werden.

Im Unterschied zum EFPIA-Konzept bestand der in China eingesetzte Balkencode aus einer siebenstelligen Artikelnummer und einer dreizehnstelligen randomisierten Seriennummer. Diese Seriennummern mussten kostenpflichtig vom chinesischen Systemprovider bezogen werden. Ähnlich wie in der Türkei wurden alle logistischen Einheiten (Bündel, Wellpappkiste, Palette) gekennzeichnet und entlang der Lieferkette verfolgt (Aggregation). Abbildung 7 zeigt einen chinesischen Balkencode mit der verschlüsselten Seriennummer. Die Druckqualität der im Offsetdruck gedruckten chinesischen Schriftzeichen und der mit dem UV-Inkjet erzeugten Codebestandteile ist absolut ebenbürtig.

Abb. 7: Barcode in China

Die Überprüfung der abgegebenen Packung erfolgte nicht durch den Apotheker, sondern durch den Kunden. Der Kunde konnte entweder über die Kamera seines Mobiltelefons den Code einlesen oder die zwanzigstellige Zahl in einer Internetapplikation eingeben. Durch die „track and trace“-Anwendung und die im IT-System hinterlegten und gesammelten Daten erhielt der Patient auf diesem Weg nicht nur Informationen über die abgebende Apotheke dieser Packung, sondern auch eine Vielzahl weiterer Informationen, wie z.B. das Verfalldatum und die Chargennummer seiner Arzneimittelpackung. Ebenso erhielt er eine Information, ob dieser Code bereits abgefragt und falls ja, wie oft der Code abgefragt wurde.Da die chinesischen Behörden der Systeminhaber sind, konnten sie bei Unregelmäßigkeiten sofort eingreifen und die Probleme klären.

Der Druck des Balkencodes erfolgte vorab beim Faltschachtelhersteller. Dazu wurden eigenständige Druckmaschinen eingesetzt, mit denen der Balkencode mittels UV-Inkjetgeräten in bester Qualität (meist Grade A!!) vor oder nach der eigentlichen Faltschachtelbedruckung auf den Druckbogen aufgebracht wurde. . Abhängig von der Druckmaschine und der jeweiligen Faltschachtelgröße konnten bis zu 150.000 Faltschachteln pro Stunde bedruckt werden.

Weiterentwicklungen, wie die Integration der UV-Bedruckung in die Offset-Druckmaschinen oder die Nutzung der Klebemaschine des Faltschachteldruckers als Ort der UV-Balkencodebedruckung sowie Umstellung auf 2D-MatrixCodes sind bei diesem Konzept möglich bzw. denkbar.

Die schrittweise Einführung führte zu einer kontinuierlichen Verbesserung des Systems und war für einen Massenmarkt wie in China sicher nicht besser machbar. Im Vergleich zum System in der Türkei war es in der VR China gelungen, ein Kontrollsystem entlang der Verteilkette zu implementieren, das sowohl bezüglich Komplexität als auch der Kosten wegweisende Maßstäbe setzte. Die Fälschungsproblematik wurde innerhalb des chinesischen Arzneimittelmarktes dadurch stark vermindert.

 

1.1.1.5 Globale Serialisierungsaktivitäten im Überblick

In Kapitel 1.1.1.4 wurden die wesentlichen Möglichkeiten der Codierung und Serialisierung aufgeführt und ihre bisherige Umsetzung in verschiedenen Ländern beschrieben. Wie die Beispiele aus der Türkei und Korea zeigen, wird das EFPIA-Konzept auch in Ländern umgesetzt, die nicht im Geltungsbereich der Delegierten Verordnung liegen. Andererseits gibt es innerhalb von Europa noch keine einheitliche Umsetzung der Vorgaben.

Weltweit kommen ständig weitere Länder mit eigenen Serialisierungsvorhaben und -vorgaben hinzu. Im Detail (Codeinhalte, z.B. Aufnahme der Seriennummer erst im zweiten Schritt), der Umsetzungsgeschwindigkeit und den gesetzlichen Rahmenbedingungen gibt es Unterschiede, die landbezogen permanent verfolgt werden müssen. Die Tabelle in Abbildung 8 soll nur einen Eindruck zu diesen vielfältigen Aktivitäten geben und beansprucht nicht, vollständig zu sein.

Globale Serialisierungsaktivitäten Stand September 2017:

Abbildung 8: Globale Serialisierungsaktivitäten im Überblick

 

1.1.1.6 Wie geht es weiter?

Vor dem geschilderten Hintergrund zeichnet sich ab, dass es in Europa im Jahr 2019 und auch weltweit kein einheitliches Überprüfungssystem geben wird. Länder wie Italien und Griechenland werden an ihren bewährten Systemen vorläufig nichts ändern und auch den einen oder anderen Nachfolger finden. Inwieweit die Länder wie Polen, Bulgarien, Rumänien, Spanien, Portugal und einige mehr, am Stichtag im Februar 2019 in der Lage sein werden, vor Ort in allen Apotheken die Verifizierung vorzunehmen, wird abzuwarten sein.

Die weltweite Entwicklung führt zu immer wieder neuen und/oder abweichenden Anforderungen im Bereich der Serialisierung, die bei multinationalen Firmen zu einer nur schwierig zu beherrschenden Ausgangslage auf den Verpackungsmaschinen führt.

Das ausgesetzte System der VR China überzeugte hinsichtlich der Kosten und Einfachheit und ermöglichte dem Patienten, die erhaltene/erworbene Packung zu überprüfen. Dieses Modell könnte vor allem in Asien, Lateinamerika und Afrika für Länder mit ähnlicher Ausgangslage geeignet sein. In einigen west- und zentralafrikanischen Ländern wurde bereits sehr erfolgreich ein Serialisierungssystem auf Etikettenbasis für Antibiotika und Antiparasitika eingeführt.

Das EFPIA-Konzept könnte relativ einfach – durch Weglassen der variablen Daten Chargenbezeichnung und Verfalldatum - in eine ähnlich günstige Richtung gelenkt werden.

Die Serialisierung ist nur eine von vielen Maßnahmen zur Abwehr von Arzneimittelfälschungen. Dazu zählen außerdem packmitteltechnische Aspekte wie Fälschungsschutzelemente in den Verpackungsbestandteilen und eine Originalitätssicherung, sowie organisatorische Maßnahmen wie die Absicherung der Verteilkette, Betrugskontrolle, Abgabeinformation in den Apotheken und Information der Patienten. Damit alle diese Maßnahmen sinnvoll ineinander greifen, wäre eine ganzheitliche Betrachtung und internationale Harmonisierung dringend erforderlich. Wie das Beispiel der Serialisierung zeigt, ist dies bereits in Europa eine kaum zu bewältigende Aufgabe.

Danksagung:

Bei der Überarbeitung des Beitrags habe ich auf umfangreiche Informationen von Herrn Horst A. Kastrup (ehemals MEDA Pharma GmbH&Co.KG) zurückgreifen dürfen. Hierfür und für die Durchsicht des Beitrags bedanke ich mich an dieser Stelle recht herzlich.


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